Putin mit Problemen über seine schlechte Presse im Westen; Aber was macht er falsch, überlegt man in Russland. Nie war Russlands Geheimdienstarbeit mehr auf saubere diplomatische und rechtliche Regelkonformität bedacht. Nie hat Russland mehr auf professionelle Diplomatische unr Geheimdienstliche Arbeit gesetzt. Nie hat Russland mehr Provokationen der USA oder Europas runtergeschluckt - Provokationen, bei denen ein Breschnew schon seine ersten unagekündigten Atombombenversuche durchzog. Und gab es je ein Breschnew-Bashing in der Westpresse?
Höchstes Ansehen im Westen hat nach Meinung von Kremel-Analysten im Moment Chruschtschow. Das war doch der, der die Tataren wieder von Sibirien auf die Krim zurückreisen ließ? Daß die Krim-Tataren heute zu über 90 % für Russland und Putin sind, interessiert heute in der Westpresse niemanden.
Interessant ist dabei, daß die amerikanischen Republikaner immer besser mit Russland klarkamen als die Demokraten. Gipfel des Eisberges waren dabei Kennedy und Chruschtschow, die während der Kuba-Krise nur durch Zufall einen Atomkrieg verhindert konnten und anerkanntermaßen die höchste Atomkriegsgefahr in der Nachkriegsgeschichte zustande brachten. Und kurze Zeit später waren sie wieder die besten Freunde! Was freilich ihrem Ansehen eher förderlich war. Republikanische Präsidenten dagegen bauten ihre Ost-West-Beziehung dagegen auf nach der Devise 'Was sich liebt, neckt sich' oder 'Hunde die bellen beissen nicht!'
Aber was hatte Chruschtschow, was Putin nicht hat? War es der völlig entgegengesetzte Arbeitsstil? Dinge, wozu Putin ein 1000-Seitiges streng geheimes Dossier anfertigen läßt von hochkarätigen Geheimdienstlern, Diplomaten und Oligarchen, dazu benötigte Chruschtschow nur eine kleine Heftnotiz - deren Inhalt trug er aber bei der UN so eindringlich vor, daß er dabei mit dem ausgezogenen Schuh auf dem Rednerpult herumhämmerte. Und man liebte ihn dafür. Putin dagegen, der immer arbeitsam in Dokumenten nachschlägt
oder sich von Beratern was ins Ohr flüstern läßt, um eine professionell durchdachte Position darzustellen und alle Fakten zu kennen, wird als intrigant und hinterhältig empfunden. Ein einziges "Niet", von Chruschtschow vorgetragen mit entschlossen/angewiedertem Gesichtsausdruck, erreichte mehr als ein halbstündiger Vortrag Putins in bestem Russisch, vorab übersetzt in englisch und alle anderen nötigen Sprachen. Bei Chruschtschow gab es keine Diskussionen, auf ein Niet Chruschtschows konnte man sich verlassen. Seine wichtigsten Textbausteine wie "Niet", "Wir haben Vetorecht" oder "Wir verlangen ein Vetorecht" konnte schon jeder Diplomat auswendig ohne Dolmetscher. Aus einem halbstündigen Diskussionspapier Putins haben 5 Diplomaten 6 verschiedene Positonen herausgehört, aber alle verbreiten an ihre Chefs, man wisse nicht was Putin vorhat, er wirke unberechenbar - was meist schon ausreicht um bei den Amis die DefCon-Stufe um 1 bis 2 Stufen zu verschlechtern.
Putin unterstellt man, er würde die Ukrainischen Separatisten befehligen, man übt Wirtschaftssanktionen aus, nur weil die Separatisten wieder was angestellt haben. Man spricht von einem falschen Spiel Putins in der Ukraine, und selbst wenn Putin seine Unterhändler unter Lebensgefahr ihrerseits zu den Separatisten schickt, um wieder mal über die Freilassung von ein paar OSZE-Beobachtern zu verhandeln, dann zeigt das bei Erfolg nur erst recht, daß Putin hinter allem steckt. Niemand kapiert, daß Putin selbst meist erst aus der Westpresse erfährt, was mal wieder in der Ukraine abgeht. Selbst wenn nur in China ein Sack Reis umkippt und die Börsen in den USA beeinflusst, denkt jeder, daß nur Putin dahinter stecken kann. Chruschtschow dagegen konnte angeblich komplexe diplomatische Diskussionen beenden mit einem Blick auf die spanisch beschrifte Karte von Kuba und den Worten "Schweinebucht? Kenne ich nicht. Wo ist die überhaupt?", wobei jeder annahm er habe sich etwas wahnsinnig kompliziertes dabei gedacht und wolle damit etwas sagen, und die unteren Berater machten daraus einen Friedensvertrag für Kuba.
Wie kann ein Mann durch herumhämmern auf dem Rednerpult so viel mehr erreichen als Putin mit all seiner Erfahrung im Krisenmanagement? Kommt es vielleicht nur darauf an sich so zu verhalten, wie es alle erwarten? Wenn ein Russe laut "Niet" ruft und mit einem Schuh herumhämmert, dann ist es das, was der Westen erwartet. Aber einen Russen mit dicken Bergen von Unterlagen, Belegen und einem gut informiertem Beraterstab - was erwartet keiner; Das will keiner sehen. Und russische Unterlagen ließt man sich in Diplomatenkreisen grundsätzlich nicht durch.
Der Weg in die Hölle ist eben mit guten Vorsätzen gepflastert, und so denkt jeder Russe wehmütig zurück an frühere Zeiten mit Entscheidungsstärke und schnellen Entscheidungen. - Als der Einmarsch in die Tschechoslowakei innerhalb von wenigen Wochen ein Problem gelöst hatte und weniger Menschen gestorben waren als bis jetzt in der Ukraine.
Merkel sagte im Januar, Putin sei der Verlierer der Entwicklung in der Ukraine. Er habe wieder mal ein Land der GUS an den Westen verloren und sich dann noch Wirtschaftssanktionen und schlechte Presse eingehandelt. Und irgendwie hatte sie Recht. Noch im Mai 2013 verkündete Putin stolz die Erfolge der GUS-Staaten - auch die der Ukraine, und betonte, daß die USA in den letzten 20 Jahren praktisch ununterbrochen irgendwo einmarschiert war oder Truppen stehen hatte, während Russlands Truppen immer zuhause waren. Und dieses Jahr dann Merkels und Obamas Rache - Maiparade bei einem handfesten Bürgerkrieg direkt im Vorgarten!
Und so wünscht sich mancher Russe wieder einen Chruschtschow als Präsidenten - Jemand, der keine Ahnung vom Thema hat, wenn er mit dem Westen verhandelt - Was auch die Gefahren der NSA-Abhöraktionen drastisch verringert. Jemand, der auf den öffentlichen Versammlungen irgendeinen Blödsinn faselt und hinterher die Berater interpretieren läßt, was er damit gemeint haben soll. Und der sich garantiert nicht mal in der Westpresse informiert, worum es eigentlich geht. Dann hat man im Wesentlichen den gleichen Wissensstand die die amerikanischen republikanischen Verhandlungspartner und kommt mit ihnen gut klar bei einer Diskussion über Whiskey oder Whodga, und mit amerikanischen Demokraten kommt man ja eh meistens nicht klar, mit ihren diplomatischen Depeschen und völkerrechtlichen Gutachten auf dem Niveau des Vorspieles vom 1. Weltkrieg; Mit deren Wirtschaftsboykotten, die vor allem deren Wirtschaft trifft und die deren Unberechenbarkeit noch steigert, wenn die neuesten Wirtschaftzahlen oder gar Umfragewerte vorliegen. Die mit dem Einsatz von Truppen drohen, deren Etat sie gerade um 50% gekürzt haben - und ihnen dann doch nur wieder irgendwelche NSA-Intriganten auf den Hals hetzen und dann auch noch Russland um Hilfe bitten bei dem Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan oder nach Mitfluggelegenheiten zur ISS in russischen Raketen für westliche Astronauten nachfrage. Das hätten die mit einem Chruschtschow nicht gemacht!