Montag, 29. August 2011

Harry Potter und Wikipedia

Wiki nimmt sich wie immer das Recht, bei Agatha Christie vorher zu sagen wer der Mörder auf der letzten Seite ist und wie das mit Harry Potter endet - gilt unter Literaturkritikern als ein No-Go, aber so ist man halt. Bei Harry Potter hat Wiki da seinen Meister gefunden, denn die unprofessionelle Handlungsbeschreibung von Wiki verliert sich irgendwo zwischen der Haupt- und dem Gewirr von Nebenhandlungen und bringt mehr Kopfschmerzen als das Lesen der Bücher selbst.

Aber was ist Harry Potter nun wirklich? Das ursprüngliche Manuskript mit einer liebenswürdigen Karrikatur der englischen Privatschulen und Privatinternaten, die als exzentrisch, sonderlich, traditionsgebunden und pseudo-elitär gelten, wurde von einer Vielzahl von Ghostwritern zu einem Stapel von über 1000-seitigen Schinken ausgebaut, und die ursprüngliche Rahmenhandlung des ersten Buches wird durch eine Reihe von Nebenhandungen gestreckt, die in den Folgebüchern zur Haupthandlung werden – eigentlich ein typischer Charakter von Groschenheften.

Traurig auch, daß Wikipedia die Erfolgsgeschichte und die Verkaufszahlen ungeprüft von den beteiligten Verlagen übernimmt, obwohl in der Branche jeder weiß, dass diese Verlage gerade bei der Promotion von sog. Bestsellern gern mal mit übertriebenen Verkaufszahlen arbeiten und auch bei den Produktionskosten von Kinofilmen und Kinobesuchszahlen gern mal schummelt. Tatsächlich machte die Autorin ihr Vermögen erst Jahre nach der ersten Veröffentlichung hauptsächlich mit Lizenzgebühren für Fanartikel und Filme und gilt in der Branche inzwischen als englisches Gegenstück zu Dieter Bohlen. Gerade in Sachen Lizenzgebühren hat sie da kaum ein Herz für Harry-Potter-Fans: Die Spitze des Eisberges war da das Verbot eine „Harry Potter-Lexikons“, das von Fans von Harry Potter geschrieben wurde (es gab keine Zitate ala Gutemberg), und das etwas Licht in die Zusammenhänge der verschiedenen Nebenhandlungen bringen sollte. Auch sonst ist die Autorin die Herrscherin über eine Spur von konkursgegangenen Lizensnehmern, Kleinanbieter von Fanartikeln und Begleitliteratur, die sie mit knallharten Vertragsbedingungen an sich gebunden hatte – Verdienen taten nur einige Lizenzgeber – das waren ein paar Großverlage und die Autorin.

Wir wünschen da viel Spass bei dem Versuch, mittels Wiki oder auch anders die Handlung zu verstehen, wenn man schon niemanden findet, der die Bücher wirklich durchgelesen hat und sich seine Meinung nicht in den Kinofilmen gebildet hat.