Freitag, 1. Juli 2011

Wegwerf-Pressemeldungen oder Orwell läßt grüssen?

Die News-süchtige Generation mit dem Kurzzeitgedächtnis? Die neue Blogger- und Facebook-Generation erzeugt eine große Meinungsvielfalt im Internet und verweist oft mit Links auf Pressemeldungen zum Beweis ihrer Behauptungen. Versteht sich, daß genau hier seitens der Regierung immer mehr die Notbremse gezogen wird: Alte Pressemeldungen verschwinden immer schneller aus dem Netz, vor allem mit alten Regierungsveröffentlichungen, die im Nachhinein betrachtet grottenfalsch waren. Selbst die beliebtesten Pressearchive wie die vom Spiegel und von Tagesschau.de werden immer mehr in Zugriff beschränkt, alte Pressearchive zu lesen wird auch immer teuerer. Kaum eine Regierungspressestelle, kaum eine Internetzeitung will mehr im Nachhinein dazu stehen, was man mal geschrieben hat. Und das betrifft nicht nur die Bild-Zeitung, sondern auch angesehene Pressearchive wie Spiegel, Frankfurter Allgemeine und Zeit. Getreu nach Adenauers Zitat: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern?“

Dennoch haben sich einige Gruppen von Computerfreaks darauf spezialisiert, Pressemeldungen zu archivieren und auch aufzulisten, was wann wie schnell aus dem Interent verschwindet. Vor allem aus Wikipedia verschwinden diese unliebsamen Meldungen am schnellsten, Wikipedia kann sogar als ein Gradmesser für Internet-Zensur gelten.

Die Liste der aus den Spiegel- und Tagesschau-Archiven ist interessant, auf einiges würde man sicher nicht so kommen, zu welchen Veröffentlichungen man in Nachhinein nicht mehr steht. Da glaubt man wirklich manchmal, man habe Alzheimer, wenn man nach einer Presseheadline sucht, an die man sich noch ganz genau erinnern kann.

Daß die katastrophalen Stahlenwerte der japanischen Atomkraftwerke nach dem Tsunami 2011 inzwischen aus dem Netz verschwinden, versteht sich von selbst. Vor allem Karten mir Strahlenwerten sind futsch.

Überraschender sind verschwindende Wirtschaftsmeldungen über Arbeitslosenzahlen, finanzielle Unterstützung (Regelsätze) bei HartzIV und Vermittlungszahlen der Jobcenter. Vor allem Statistiken seit der Wiedervereinigung bis heute – futsch.

Verschwinden tuen auch Wirtschaftsmeldungen wie die Steuerschätzungen, die alten Prognosen der Weisen der Bundesregierung und unliegsame Wirtschafts-News. Besonders aktiv war der Staatsschutz in den letzten Jahren, wenn ältere Meldungen über Airbus-Bestellungen von China zitiert wurden und die Historie von chinesischen Airbus-Bestellungen, von Menschenrechtsmeldungen wie dem Besuch des Dalai Lama, den Abbestellen der Airbus Aufträge seitens China dokumentiert wurde.

Merkel, die eiserne Lady Europas, nie um ein böses Wort verlegen über die arbeitsscheuen Griechen oder auch über die faulen Arbeitslosen in Westdeutschland oder auch über faule Studenten; Sie will Pressemeldungen über ihre Karriere in der CDU auch nicht mehr im Netz sehen. Das betrifft nicht nur, wie sie Kohl abserviert hat; Nein, von Anfang an, als bei der Wiedervereinugung die Geldtransporter mit deutschen Mark nach Ostdeutschland fuhren mit viel Presserummel, Merkel-Zitate wie " die im Westen, die müssen was tun", alles falsch oder futsch. Das Gejammer von Merkel vor der Presse über die schlechten Lebensbedingungen in Ostdeutschland, über Arbeitsplätze und finanzielle Verhältnisse, über die Aufstockung der Ost-Renten an westliches Niveau, wer will das heute noch wissen? Die eiserne Lady als undankbaren Ex-Jammerossi outen in alten Pressemeldungen? Oder die Anerkennung von ostdeutschen Ingenieurstiteln und Doktortiteln, die zwar im Osten fast nur auf Stasi-Vergangenheit hindeuteten, aber (man muss ja auch mal verzeihen können) von Kohl mit Sonderverträgen anerkannt wurden, das soll doch heute niemanden mehr interessieren. Vor allem wenn man über FDP-Doktortitel und den inzwischen üblichen Umgang von auch westlichen Unis mit Doktortiteln besorgt ist...

Interessant ist aber auch Helmut Schröder und seine Presseveröffentlichungen seines Kanzleramtes von 1999 bis 2005. Vor allem Schröders Alleingänge vor der Presse: Die „Greencard für indische Programmierer“, die „Einfuhr embryonaler Stammzellen aus Israel“, daß „Wer als Deutscher eines Verbrechens im Ausland verdächtigt wird, an die USA ausgeliefert werden kann“ (und das auch noch 1 Jahr vor dem 11.September 2001), Schröders Besuch in seiner „Ranch in Texas“ (die höchste Auszeichnung unter Busch junior an ausländische Regierungsvertreter) und die nachfolgende „Protokollaffäre“: Hatte Gaddafi wirklich gegenüber einem Staatssekretär von Schröder zugegeben, direkt persönlich den Anschlag von Lockerbie angeordnet zu haben wegen dem Abschuss eines Lybischen Passagierflugzeuges durch ein US-amerikanisches Kriegschiff?

Aber auch die Amis sind bei der Internetzensur sehr aktiv. Beeindruckend sind Meldungen über Hurricans, Tornados, Waldbränden und Hochwasserkatastrophen inclusive dem obligatorischen Aussprechen des Notstandes seitens des Gouvaneurs und dem Freigeben von milliardenschweren Hilfsgeldern – Meldungen mit den kürzesten Halbwertszeiten von weniger als 2 bis 3 Wochen!

Kurz gesagt: Es gibt da ein paar Computerfreaks, die selber archivieren, und die bleiben dran! Auch wenn es immer mehr als Raubkoperen kriminalisiert wird, beispielsweise alte Spiegel-Meldungen ins Netz zu stellen, die aus den bezahlbaren Spiegel-Archiven plötzlich verschwinden.

1 Kommentar:

  1. Nervt mich auch, daß ewig Pressemeldungen verschwinden aus den Internet-News! Wie bei Orwell!

    Ulli

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